Hallo zusammen!
„Im März wird es kein Essen mehr
geben.“
So die dunkle Prophezeiung meiner
Gastmutter.
Tatsächlich sieht es momentan in
Boyacá und weiteren Teilen Kolumbiens landwirtschaftlich dystopisch
aus. Mein Dorf Cucaita lebt vom Anbau von Zwiebeln, Erdbeeren und
Kartoffeln oder von der Tierzucht. Doch inzwischen verdorren immer
mehr Felder, gibt es immer weniger Einkommen bringende Ernte, kein
Gras mehr für die Kühe. Die Familie einer Freundin besitzt eine
Erdbeerplantage und lebt nur von dem Verkauf der Früchte und
Änderungsschneidereien der Mutter. Ich weiß nicht, was sie machen
werden, wenn die Plantage nun bald wegfällt.
Zurückzuführen ist diese Dürre auf
den ausbleibenden Regen. Wie gesagt hat es in meinen fünf Monaten
hier erst ca. drei Mal geregnet, und das auch nicht unheimlich
ausführlich. Dazu kommt die Hitze und stechende Sonne des 'Sommers'
(die Kolumbianer nennen es zumindest so, weil es ein bisschen wärmer
ist als den Rest des Jahres über) und irritierenderweise Frost in
der Nacht, da die Temperaturen bis auf -4°C fallen können. Total
surreal.
Nicht nur dadurch, sondern auch durch
das Fehlen von Wasser im Haushalt (zum Duschen, Wäsche Waschen,
Geschirr Spülen, Kochen, Toilette Abspülen) merkt man sehr
unangenehm den Klimawandel. Es kam schon vor, dass unser Wassertrank
drei Tage lang in Folge leer blieb. So etwas ist nicht normal, das
sagen alle. Es sei das erste Jahr, dass so etwas passiere. Leider
wird es wahrscheinlich nicht das letzte sein.
Laura wird noch auf ihrem Blog zwei Bilder dazu hochladen – eines von unserem Dorf vor vier Jahren, grün
und gesund, und eines von Cucaita heute. Bräunlich, kränklich,
vertrocknet.
Der neue Bürgermeister, seit weniger
als einem Monat im Amt, will deshalb nun knallhart auf Tourismus in
Cucaita setzen. Gut, es ist ein 2000-Seelen Dörfchen, aber mit
genügend Motivation und vor allem zwei tatkräftigen Deutschen
schaffen sie das schon.
Laura wird somit in nächster Zeit
verstärkt für das Rathaus arbeiten, zum Beispiel alles auf Englisch
übersetzen, die Homepage aufpolieren und es besteht auch der Plan,
ein Video über Cucaita zu drehen und es auf Youtube zu stellen. Da
bin ich dann natürlich auch am Start.
Vier Tage Fiesta
Am
7.1. kamen Laura und ich zurück, am darauffolgenden Tag gingen die
diesmal viertägigen Fiestas in Cucaita los. Für meinen Geschmack
wurde zu viel Vallenato, Norteña
und Tropical gespielt, aber vor allem der Sonntag war ziemlich cool.
Bereits tagsüber versammelten sich unglaublich viele Menschen um und
auf dem Dorfplatz, es war proppevoll, so sieht man Cucaita selten. Es
fand eine Parade von geschmückten Autos statt, die uns Deutsche sehr
an den (Kölner) Karneval erinnerte. Bloß blickte ich manchmal bei
den Themen nicht ganz durch. Ein riesiger Schmetterling mit der Figur
des Jesuskindes darin. Eine Blumenwiese und in der größten Blume
die Figur der Jungfrau Maria. Einfach immer religiöse Aspekte
einschmeißen, so erschien mir das Motto. Im Anschluss wurden in
einer extra dafür aufgebauten Arena Stierkämpfe ausgetragen, die
ich selbstverständlich nicht besuchte.
Am
Abend wurde ein Feuerwerk veranstaltet und danach bis 4:00 getanzt.
Merengue, wie man das erwartet.
Sechs Menschen, sechs Hunde
Am
Montag war mein erster Schultag und ich hatte ich nichts zu tun. Das
ist normal, andere der Freiwilligen machen die gesamte erste Woche
nichts. Das liegt daran, dass noch keine Stundenpläne existieren und
die Lehrer komplett wahllos
Unterricht machen. Außer in meiner Schule, da gab es bereits ab
Dienstag Stundenpläne für alle Lehrer, sodass ich bis Ende der
Woche auch meinen eigenen fertigstellen konnte.
Aber am ersten Tag
wohnte ich nur einer Besprechung der Lehrer bei, nutzte zwei Stunden
lang das Internet, saß die nächste Besprechung durch und ging dann
nach Hause.
Nachmittags
traf ich mich mit fünf Freunden und ihren sechs Hunden und wir
kletterten gemeinsam den Berg zur Piedra del Sol hoch (wo ich auch schon mit Yuly, Milena und Ximena war).
Die Hunde kommen sonst selten zum Gassigehen raus, tollen
normalerweise nur im Garten herum. Sie waren entsprechend glücklich
über diesen Ausflug. Ich persönlich besteige inzwischen auch sehr
gerne die umliegenden Berge, wieder zurück im Rheinland wird mir da
etwas fehlen.
Hinweg durchs fast noch Grüne, das ist besonders. |
Bei der Piedra del Sol angekommen, ein bisschen fertig. |
Tannenzapfenschlacht! |
Wie sah
eigentlich mein Weihnachten aus?
Vom 24.12. habe ich, obwohl es bereits einen Monat her ist, noch gar
nicht erzählt. Also.
Solange
es noch hell ist, passiert nichts Besonderes. Somit konnte ich
mittags in Ruhe mit meiner Familie in Deutschland skypen und dann bis
abends chillen, da sich meine kolumbianische Familie zu einem
Großeinkauf nach Tunja verkrümelt hatte. Als sie wiederkamen, gab
es ein Buffet aus Pommes, Papaya, Bananen, Trauben, Keksen und
Buñuelos
(frittierte Maismehl-Käse-Bällchen) für die ganze Familie und auch
unsere Haushälterin Martha und ihre Familie.
Irgendwann dazwischen vergaben wir unspektakulär die Geschenke –
es bekamen nur meine kleine Nichte Lucia und ich etwas, außerdem die
Familie etwas von mir.
Als es hier langweilig wurde, ging ich zwei Straßen weiter, um mich
zu der Versammlung von Yulys Großfamilie zu gesellen. Um Punkt
Mitternacht wünschte man sich 'Feliz Navidad'. Dabei umarmte jeder
jeden und ich hatte das Gefühl, dass die Kolumbianer Weihnachten mit
Silvester verwechseln. Im Anschluss wurden die Geschenke verteilt –
diese kommen traditionell ohne Geschenkpapier aber in Geschenktüten
und jeder bekommt eins oder zwei, jedes Mal wird geklatscht.
Als ich nach Hause kam, waren meine Eltern bereits ins Bett gegangen,
aber meine zwei Brüder und zwei ihrer Kumpels waren in Feierlaune,
und so fuhren wir fünf spontan ins nächstgrößere Dorf Samacá, wo
auf dem Dorfplatz richtig Party war. An Heiligabend! Das habe ich
auch noch nicht erlebt. Ganz anderes Weihnachten als ich es aus
Deutschland gewohnt bin auf jeden Fall.
~
Wort des Tages: 'Bomba'. Dieses Wort kann ganz klassisch Bombe
bedeuten, aber hier in Kolumbien auch noch eine Tankstelle oder ein
Luftballon sein. Ganz nach Belieben.
Hasta luego,
Karla
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