Dienstag, 26. April 2016

Wie man Trinkjoghurt macht

Buenos días!

Vorletzten Samstag liefen Laura und ich mit einer riesigen knallorangen Milchkanne durch Cucaita zu den Garcías. Sie sollten uns beibringen, wie man Joghurt macht. Das kolumbianische Joghurt ist immer flüssig und zum Trinken, nicht zum Löffeln gedacht. Also lernten wir, wie man dieses herstellt.


Tutorial: Wie man Trinkjoghurt macht

Schritt 1: Erstehe für unglaublich wenig Geld frische Kuhmilch vom örtlichen Kuhbauern. Alternativ kann man auch normale bereits ultrahoch erhitzte Milch aus dem Tetrapack/der Tüte nehmen, habe ich mir sagen lassen. Die Kolumbianer*innen jedoch schwören auf das Produkt direkt aus der Kuh.



Schritt 2: Gib die Milch in einen großen Topf und koche sie auf. Das ist Milch, also gib Acht beim Kochen. 



Schritt 3: Schütte die heiße Milch in eine verschließbare Milchkanne und warte.

Schritt 4: Wenn sie nur noch 'tibio', also lauwarm ist, füge ein Becherchen Joghurt, egal welches, hinzu. Das mag komisch klingen, aber so ersteht der Durchschnittsbürger am einfachsten die nötigen Mikrobakterien zur Joghurtherstellung. Und natürlich umrühren.

Schritt 5: Wickle die geschlossene Milchkanne in eine Ruana ein.
Ok, das geht wirklich nur in Kolumbien.
Nimm einfach eine Decke.
Das Geheimnis ist nämlich, dass das angehende Joghurt gaanz laangsam abkühlt. Jetzt heißt es wieder warten.



Schritt 6: Alles schön abgekühlt? Fantastisch, dann kannst du jetzt nach Belieben eingekochte Früchte (wir nahmen Erdbeeren) und Zucker hinzufügen, sehr gut verrühren und fertig ist der Trinkjoghurt!




Wie ihr seht ist die Joghurtherstellung denkbar einfach, braucht allerdings etwas Zeit. Am schlauesten ist es also, am Nachmittag anzufangen, sodass das Produkt über Nacht vollständig auskühlen kann, und man am Morgen zum Frühstück sein selbstgemachtes frisches Joghurt genießen kann.
Laura und ich waren sehr begeistert von dem Ergebnis dieses minimalen Arbeitsaufwands. Das Beste ist eigentlich, dass man auf diese Weise ein drei-Zutaten Lebensmittel erhält, ohne unnötige Chemie.


Echt kolumbianisches Quasi-Bio-Trinkjoghurt!


~ Wort des Tages: „escampar“. Noch ein Wort, dass es im Deutschen nicht gibt. Es bedeutet, 'sich vor Regen in Sicherheit bringen'. Sehr praktisches Wort, finde ich. Inzwischen auch in Cucaita angebracht.

Hasta luego,
Karla

Mittwoch, 13. April 2016

Gebrauchsanweisung für das Überleben in kleinen Dörfern in Boyacá, Kolumbien

Buenas noches,

ich hatte mal wieder Bock auf mehr oder weniger zusammenhängende Stichpunkte. Hier kommt also die ultimative

Gebrauchsanweisung für das Überleben in kleinen Dörfern in Boyacá, Kolumbien:

  1. Wenn du zu den vielen Menschen gehörst, die nicht von alleine um sechs Uhr morgens aufwachen, stelle dir immer einen Wecker. Auch am Wochenende. Sonst verpasst du den halben kolumbianischen Tag und wenn du um halb zehn gemächlich aufstehst ist der Frühstückskakao, das Duschwasser und die Familie weg.

  1. Duschen ja, lange nein. Wasser ist knapp, also beschränke dich auf drei Minuten.

  1. Wähle deine Kleidung sorgsam aus. Während des Tages werden dir wahrscheinlich alle Jahreszeiten über den Weg laufen, also ist Zwiebelprinzip angesagt. Jeans, Sneakers, T-Shirt, Pulli und (Regen-)Jacke sind Grundausstattung. Morgens ist es kalt, nachmittags total warm, zwischendurch kann es je nach Zeit des Jahres regnen und abends ist es wieder bemerkenswert kalt.

  1. Grüße alle dir begegnenden Leute, aber ignoriere ruhig das Zischen und Rufen der Bauarbeiter (trifft wohl eher auf Frauen zu).

  1. Bestehe darauf, dass du als Deutsche*r immer pünktlich bist und komme dann doch zu spät – sie werden dich sofort als eine*n der ihren annehmen.

  1. Wenn dich jemand auf einen Tinto einlädt, wage es nicht, nein zu sagen. Sie werden dich sowieso früher oder später dazu kriegen.

  1. Lasse dich einladen (auf Tinto, Essen, Bier...) aber vergiss nicht, auch selber großzügig mal was springen zu lassen.

  1. Lerne, mit Gasherden umzugehen und genieße die Geschwindigkeit, mit der alles erwärmt wird.

  1. Wenn gut erwärmt, suche dir einen Lappen oder ein Handtuch, um dich dem Topf/der Pfanne/der Kakaokanne zu nähern. Isolierte Griffe sind nicht existent.

  1. Reagiere gelassen und mit viel Humor auf Deutschlandwitze, die Kolumbianer*innen halten es mit Witzen über ihr Land nicht anders.

  1. Du musst nicht zwingend antworten, wenn dich jemand fragt, wie es dir geht. Das ist die Grußformel. Erst wenn die Person drei Mal direkt hintereinander nachfragt („Hola, cómo estás? Qué más? Cómo te ha ido?“) solltest du ein „Bien“ zurückgeben und alle sind zufrieden.

  1. Verhandle über fast alles und fast überall. Hartnäckigst.

  1. Verabschiede dich von dem Gedanken, dass Cappies nur etwas für Gangster oder Kinder von überbesorgten Müttern sind. Es wird sich herausstellen, dass man die sogar nachts zum Feiern auf dem Dorfplatz zur Schau tragen kann.

  1. Bringe zum Mittagessen Hunger und eine Stunde Pause danach mit. Du wirst sie brauchen.

  1. Ignoriere nicht nur Zischen und Rufen, sondern auch bellende Straßenhunde und Durchsagen des Pfarrers.

  1. Stelle dich auf einen durchgehend laufenden Fernseher ein. Und auf sehr gewöhnungsbedürftige Serien. Und auf total durchdachte spannende Werbung.

  1. Ob auf Ausflügen oder nur der täglichen Arbeit in der Schule, habe stets deine benötigte Ration Klopapier dabei. Das gibt es nämlich auf keinem öffentlichen Klo. Mit ganz viel Glück triffst du ansonsten auf einen Klopapierautomaten, wo du das praktische Baumprodukt für ca. 500 pesos (10cent) erstehen kannst.

  1. Hast du erfolgreich an das Klopapier gedacht, kommt hier die nächste Lektion. Schmeiße nie, ich wiederhole, NIEMALS Klopapier ins Klo. Das würde hier zu sintflutartigen Überschwemmungen und somit, was noch viel schlimmer ist, Wasserverschwendung führen. Wähle also lieber den kleinen Mülleimer neben dem Klo zur Entsorgung aus.

  1. Triffst du dich abends im Dorf mit Freunden, und sagen sie „Komm, wir trinken noch ein Bierchen“, dann kannst du dich auf eine lange und witzige Nacht mit definitiv mehr als einem Bier einstellen.

  1. Stelle dich darauf ein, mit voranschreitenden Monaten mehr Zeit zu haben aber weniger zu machen. Deshalb fiel mir kein guter zwanzigster Punkt mehr ein.


So, das wären ein paar Sachen, die ich euch potentiellen Kolumbienkennenlernern mit auf den Weg geben möchte. Bei dem einen oder anderen Punkt mag ich etwas ins Sarkastische abgerutscht sein, man muss also nicht alles irre ernst nehmen.


~ Wort des Tages: „empapado“. Inzwischen regnet es hier nahezu jeden Tag – was natürlich toll ist – und deshalb habe ich dieses wohlklingende Wort ausgewählt. Es bedeutet patschnass.


Hasta luego,
Karla

Dienstag, 5. April 2016

Kleine Obstkunde

Hallo zusammen!

Heute mal wieder ein Off-Topic Beitrag. Ich erwähnte bereits die unglaublich Vielfalt an Früchten in Kolumbien. Man kriegt nahezu alles, das gesamte Jahr über. Das liegt daran, dass das Land fast alle Klimazonen aufweist und keine richtigen Jahreszeiten hat. Dadurch kommen auch die meisten Früchte aus Kolumbien selbst, nur Äpfel und Birnen werden gerne aus Chile oder den USA oder Frankreich importiert (ich frage mich auch warum Frankreich).
Fünf der Obstsorten möchte ich euch hier vorstellen.


Die Feijoa (fei'hoa)
Auf Deutsch wohl eher Brasilianische Guave oder Ananas-Guave.
Im Aussehen erinnert sie an eine Miniavokado, nur mit unebener Oberfläche.
Typischerweise macht man (vor allem in Boyacá, in anderen „Bundesländern“ ist sie nicht so verbreitet) aus der Feijoa Saft, aber ich finde man kann sie ebenso gut so essen. Außerdem gibt es in dem Dorf Tibasosa eine Vielfalt an Feijoa-Produkten – von Arequipe über Marmelade bis zu Eis und Likör.
Zuerst war ich der Meinung, man müsse sie wie eine Kiwi auslöffeln, aber die Einheimischen meinen, man könne sie auch mit Schale essen. Und das kommt von denen, die Gurken und Pfirsiche schälen.
Laut Wikipedia haben Feijoas einen Geschmack nach einer Mischung aus Ananas und Erdbeere. Naja. Fakt ist, dass sie einen leicht säuerlichen Touch aufweisen und sehr erfrischend schmecken.

Feijoa von außen.

Feijoa von innen.
Die Papaya
Ich bin zu einem richtigen Papaya-Fan geworden! Auch wenn man sie vielleicht ab und an mal in Deutschland bekommt, hier kann man sie an jeder Straßenecke kaufen und das zu einem unglaublichen Preis! Im Obst- und Gemüseladen gegenüber bezahle ich 3000 pesos, also unter 1€!
Der Papayabaum gehört zu den Melonenbaumgewächsen und stammt angeblich aus Mexico. Die Früchte sind riesig, 3-6kg schwer, haben knalloranges Fruchtfleisch und viele schwarze Kerne innen drin. Diese Kerne kann man getrocknet und zermahlen wie schwachen Pfeffer benutzen.
Da sie so preiswert und gesund sind, kaufe ich mir inzwischen öfter Papayas und nehme sie als Obstsalat mit in die Schule. Am besten in Kombination mit Banane.
Papayas beinhalten 357 µg Vitamin B3 und 60,9 mg Vitamin C pro 100g (Vergleich: bei Orangen sind es nur 45g Vitamin C).
Der Geschmack lässt sich als ein bisschen süß und sehr frisch (dank des starken Wassergehalts) beschreiben.

Papaya von außen

Papaya von innen
Die Maracuja/Passionsfrucht/maracuyá
Dieses Obst ist auch in Deutschland bekannt, aber eigentlich nur als Joghurtgeschmack. Als reale Frucht (genau genommen Beere) habe ich sie glaube ich nie im Supermarkt gesehen. Hier ist sie überall zu finden und sehr preiswert.
Drei Monate lang hatte ich nur Maracujsaft getrunken, der war geschmacksintensiv maracujaig und süßlich. Dann probierte ich mal eine pur, und whoa, ist das sauer! Lecker, aber kommt fast an eine Zitrone heran.
Äußerlich ähnelt die Maracuja einer gelblichen kleinen Mango, hat jedoch eine harte Schale und glibberigen Inhalt, sodass man zum Essen einen Löffel braucht.
Ich persönlich bevorzuge die mit Zucker angereicherten Produkte aus Maracuja, da man die Frucht alleine schwer essen kann.
Noch ein paar Fakten: Die Passionsfrucht kommt aus Brasilien, Paraguay und Argentinien, bringt zwischen 30mg und 50mg Vitamin-C pro 100ml mit sich und dient zur Gewinnung von Öl für kosmetische Produkte.

Maracuja von außen

Maracuja von innen

Die Lima
...hat einen coolen Namen und mich im Geschmackstest nicht überzeugt.
Sie kommt daher wie eine grüne Orange und macht sich auch innerlich zu einer Zitrusfrucht. Das schwache gelb des Inneren beschreibt den Geschmack sehr gut – leicht säuerlich, leicht frisch, wie eine Zitrone mit viel Wasser verdünnt. Unspektakulär, finde ich.
Für die Kolumbianer*innen ist die Lima jedoch etwas besonderes, da sie nicht oft zu bekommen ist, wir hatten die Frucht bis jetzt erst ein Mal im Haus.

Lima von außen

Lima aufgeschnitten


Die Cherimoya
...hat definitiv den spannendsten Namen und ist die exklusivste Frucht, die ich hier kennenlernen durfte.
Sie gleicht im Aussehen einem Urmelei und weist ein schneeweißes und weiches Fruchtfleisch auf, gespickt mit schwarzen Kernen. Auch dieses Obst bekam ich erst ein Mal in die Hände, die Cherimoya ist wirklich teuer und selten. Auf normalen Märkten kriegt man die nicht. Meine Familie kaufte sie von einem fliegenden Händler, der Cherimoya-rufend durch die Straßen fährt und nichts anderes verkauft.
Sie kommt aus genau diesem Gebiet hier, sprich Kolumbien, Ecuador, Bolivien, Peru
Geschmacksbeschreibungen finde ich immer schwierig, aber diese Frucht schmeckt nach Erdbeere und Kiwi, wenn ich mich richtig erinnere.

Cherimoya von außen

Cherimoya von innen

~ Wort des Tages: "ñato". Das bedeutet stupsnasig und ich lernte es beim Lesen meines neuen Buchs, das nervenaufreibenderweise auf spanisches Spanisch übersetzt wurde. Die benutzen wirklich andere Wörter und vor allem die Person 'vosotros' für 'ihr', während man sich hier auf 'ustedes' geeinigt hat.

Hasta luego,
Karla