Mittwoch, 29. Juni 2016

Schweiß doesn't importa

Guten Morgen zusammen!

Ich bin zwar gerade in Ecuador, werde euch jetzt aber erst einmal über meine viertägige Wanderung zur 'Ciudad Perdida', also der verlorenen Stadt erzählen.

Gemeinsam mit Johanna und Laura flog ich am Freitag (Ferienbeginn) nach Santa Marta. Ja, da waren wir bereits im Dezember/Januar, aber alle sechs Monate kann man sich ja mal Karibikurlaub gönnen. Nach einem entspannten Samstag begannen Laura und ich am Sonntag die Wanderung mit dem Veranstalter Wiwa Tour. Johanna konnte leider nicht mitkommen, da sie zu krank war. Sie machte die Tour zwei Tage später, alleine.
Wir zwei Verbliebenen trafen also gegen 8am auf den Rest unserer Gruppe und unsere eineinhalb Gruppenführer. Unser indigener Guide, Gabo (alias Klaus), hatte nämlich immer seinen kleinen Bruder, Shemako (alias Lasse), dabei. Kuschelig zusammengedrängt ging es im Jeep los, eine Stunden lang zum Ausgangspunkt der Wanderung fahren.
Mittagessen.
Dann ging endlich das los, wofür wie die vergangenen Monate sporteln gegangen waren. Für die vier Tage trug jeder seine eigenen Sachen im Rucksack mit sich herum, mehr hatte man eben nicht dabei. Die Verlorene Stadt liegt in der Sierra Nevada de Santa Marta, einer Bergkette abgetrennt von den Anden, die sich das höchste Küstengebirge der Welt nennen darf.
Ich lüge nicht, wenn ich sage, dass die ersten zwei Stunden die härtesten der gesamten Wanderung waren. Die Sonne schien erbarmungslos auf uns herab und wir quälten uns einen staubigen Weg ohne Schatten hinauf. Peinlicherweise gab mein Kreislauf kurz auf und ich lag für fünf Minütchen auf dem Boden. Danach ging es aber nur noch bergauf (no pun intended).
Erster Lichtblick des Tages war dieser Stand hier:

Lebensrettende Wassermelone!

Zweiter Lichtblick des Tages war diese tolle Aussicht plus die Ansage von Gabo, dass es von hier an nur noch eine Stunde bergab ginge.

Just casually sitting here.

Tatsächlich liefen wir nur drei Stunden lang. Nichts im Vergleich zu dem, was folgen würde.

Jede Gruppe hat ihren eigenen Koch, der eine unglaubliche Arbeit leistet. Er kocht nicht nur drei Mahlzeiten für alle 11 Teilnehmer plus Guides und wäscht ab, sondern macht auch die gesamte Wanderung mit, nur schneller als wir. Jeden Tag zog er noch vor uns los und sprintete die ganze Route durch, um bei unserer Ankunft schon fleißig in der Küche zu stehen. Das Essen war typisch kolumbianisch, aber perfekt für ausgehungerte Wandernde da sehr kohlenhydratreich (Reis, mehr Reis, Plátanos, Salat und eine Proteinquelle).
Geschlafen wurde in aneinandergereihten Betten unter Mosquitonetzen. Und obwohl die Matratzen sich in der Mitte schon bedenklich gen Boden neigten schliefen wir alle wie Babies.

Malerisch wanderender Indigene I

Malerisch herumstehender Indigene II
Die Betten im Camp

Der zweite Tag ist als der krasseste bekannt, was wir nun am Ende bestätigen können. Abgesehen davon, dass man fünf Stunden lang wandert, geht es eine Stunde lang unablässig steil nach oben. Aber irgendwann läuft man einfach weiter, egal wie anstrengend alles ist. Unser Motto außerdem: Schweiß doesn't importa. Will heißen: bei der Luftfeuchtigkeit plus Anstrengung schwitzen alle so oder so, juckt also keinen. 

Ein Wiwa-Dorf mit Schweinchen.

Just hiking casually.

In dieser Nacht schliefen wir nicht so gut.
Laura entdeckte nämlich gegen neun Uhr nachts einen sehr lebendigen Skorpion in ihrem Bett. Innerhalb des Moskitonetzes. Panisch lief ich unseren Koch holen, der daraufhin das Viech souverän mit einem Stock erledigte. Trotz gebannter Gefahr war die Nacht nicht mehr erholsam.

Um 4am begann der Tag für die Gabo (alias Klaus)-Gruppe. Im Dustern frühstückte man, dann ging es 1553 gefährliche Stufen hoch (ich habe gezählt), in die Ciudad Perdida. Bevor wir eintreten durften, durchliefen wir zuerst ein kleines Ritual, um den Zutritt zu erfragen. In einem Kokablatt in unserer linken Hand ließen wir alle unseren negativen Gedanken auf einem Stein zurück. Dann durften wir eintreten. 

Die ersten zehn der 1553 Stufen zur Ciudad Perdida.

Die letzten Stufen, vom Mamo erklommen.


Die Luft bestand zu 50% aus Sauerstoff und zu 50% aus Moskitos. Nicht so witzig.

Die Verlorene Stadt an sich besteht (unspektakulär ausgedrückt) aus runden Steinkreisen mit Gras drin („Terrassen“). Wie auf den Fotos zu sehen, ist sie aber tatsächlich ziemlich cool. Die Terrassen darf man nicht betreten, da sie den Indigenen heilig sind. Für sie ruhen dort ihre Vorfahren.

Wir, mit Gabo alias Klaus

Die verlorene Stadt mit malerischem Indigenen.

Wir erzählen jetzt immer allen, wir seien Zwillinge

Nach vielen Fotos und einem Besuch beim 'Mamo', dem männlichen Oberhaupt der Wiwa, durften wir unseren Knien eine Freude machen und all die Stufen wieder bedächtigst heruntertappen.
Johanna, die dies mit zwei Tagen Verspätung ebenfalls tat, schaffte es sogar, ein paar Meter dramatisch kopfüber herunterzufallen, nur um sich absolut gar nichts zu tun. 

Mamo, Kokablätter kauend, schenkt uns allen Armbänder

Wir begannen den Rückweg.
Nun, da man den Weg schon kannte, ging alles etwas einfacher. Damit es nicht zu langweilig wurde, fing es an, wie aus Kübeln zu schütten. Als wir nach drei Minuten gerade gut durchweicht waren, kam uns eine bekannte Person entgegen. Miriam! Schnelles Begrüßen („Was? Du auch hier?!“), ein Foto zusammen, und weiter.
Drei Stunden marschierten und schlidderten wir durch das Nass. Der krasse Aufstieg vom Vortag wurde im Handumdrehen zu einer lustigen Rutschpartie bergab. Aber irgendwann war einfach alles egal und Fakt ist ja, mit Regen im Gesicht gibt’s keinen Schweiß mehr!

Mülltütenrucksack!

Guck mal, wir haben Miriam gefunden!

Im Camp ankommen, Essen vernichten, in Betten fallen, früh aufstehen, wie gehabt.
Der letzte Tag brach an und motiviert legten wir die finalen Kilometer hinter uns. Laura und ich noch ein bisschen motivierter als die anderen, immer vorneweg. Zwischendurch trafen wir wie geplant Johanna und ließen unseren kleinen Guide Shemako (alias Lasse) ein Foto machen.

Guck mal, Johanna haben wir auch gefunden!

Sonnige staubige Piste, nur noch 20min


Und dann war der körperlich anstrengendste Urlaub, den ich bis dato gemacht habe, auch schon vorbei.
Falls ihr euch über die alias-Namen unserer Guides wundert: Nach dem ersten Tag hatte Gabo sich für Laura und mich indigene Namen ausgedacht, mit denen er uns den Rest der Tour ansprach. Wir sind jetzt also Laura, alias Lisa (englisch ausgesprochen) und Karla, alias Bǿle. Ehrensache, dass wir uns für die beiden europäische Namen ausdachten. 
Ich kann sagen, dass diese viertägige 50km-Wanderung eine super Erfahrung war und ich nun wandern mögen gelernt habe.



~ Wort des Tages: „Sungui“. Wird garantiert nicht so geschrieben. Das ist Wiwa und bedeutet Hallo. War cool, als wir die uns entgegenkommenden Indigenen auf ihrer Sprache grüßen konnten.

Hasta luego,
Karla

Donnerstag, 9. Juni 2016

Konstanter Kaffeekonsum und Salsa im Regen

Buenos días!

Karla hat sich endlich ein paar Ferientage genommen und ist mit Laura zusammen fünf Tage lang in die Kaffeezone („Eje Cafetero“) gefahren.
Um drei Uhr morgens ging der Freitag für uns in Bogotá los, sodass wir gegen sechs bereits in Pereira landeten. Aus Pereira, der Hauptstadt des departamentos Risaralda, ging es sofort weiter in ein kleines hübsches Dorf mit dem ebenso niedlichen Namen Filandia. Unser Hostel hieß "Bidea" und wir feierten neben der wunderschönen familiären Umgebung besonders den gratis Kaffee. Mit dessen Hilfe ließ es sich fantastisch Videos von unserem Projekt mit den Schüler*innen bearbeiten.

Den nächsten Tag nutzten wir, um dem Parque del Café einen Besuch abzustatten. Dieser ist Themenpark und Museum in einem, auch wenn die Kolumbianer*innen ersteres viel mehr zu nutzen wissen, während Laura und ich begeistert all die exotischen Pflanzen und Kaffeestraucher bewunderten. Man konnte endlose Spaziergänge durch die verschiedenen Kaffeefelder und Riesenbambuswälder machen, von Sessellift oder Seilbahn aus die unendliche Grüne unter sich bestaunen, selbstverständlich Kaffee bei Juan Valdez trinken (ein 'Coffee Shop', preislich und vom Sortiment her wie Starbucks, nur cooler, weil komplett von Kolumbianern und aus Kolumbien), bei den üblichen Verdächtigen Mittag essen, sich auf Achterbahnen wagen, schöne Fotos machen und herausfinden, wie viele kolumbianische Kaffeebauern deinen Nachnamen haben (null, komisch).

Hehe, Pflanze.

Ganz viel riesiger Bambus!


Netter Baum.


Weil wir somit lange keinen Sport mehr gemacht hatten, schwangen wir uns am Sonntag auf Räder für 1000 Pesos pro Stunde (30cent!) und fuhren Berge hinunter, bis zu einem genial gelegenen Café namens 'El Mirador', was die Aussicht gut beschreibt. Man saß zehn Meter über endloser Grüne, die aus Palmen, Kaffee-, Bananenpflanzen besteht.

Fabelhafte Aussicht auf  Kaffee!

Erstmal goennen.

Die Weiterfahrt erwies sich als kritisch, da es anfing, motiviert zu regnen und die billig gemieteten Räder, bzw. deren Bremsen, damit nicht einverstanden waren. Also fanden Laura und ich uns mitten auf einer einsamen Straße irgendwo zwischen Filandia und Quimbaya wieder. Wir legten die nutzlos gewordenen Fahrräder hin und winkten den vorbeifahrenden Transportmitteln, aber keiner hatte Platz für uns.
Es gibt ein Lied von Grupo Niche namens „Gotas de Lluvia“, also Regentropfen. Das hörten wir dann und tanzten dazu Salsa. Auf der Straße. Mit Regencapes. Vielleicht hat uns auch deshalb keiner mitgenommen.

Karla in Regencape mit den unbenutztbaren Raedern.


Letztendlich hielt aber doch noch jemand an und brachte uns mehr oder weniger trocken zurück nach Filandia, wo wir die erste Halbzeit des Fußballspiels Kolumbien vs. Haiti schauten und uns dann auf den Weg zum nächsten Hostel machten.

Das Hostel 'Mocambo' liegt mitten im Nirgendwo aber trotzdem nahe an dem populären Touristendorf Salento.
Dahin machten wir uns am Montag zu Fuß auf, trafen auf dem Weg eine Gruppe sehr netter Studenten aus Armenia (nächstgrößere Stadt) und verbrachten im Dorf ein paar Stündchen mit ihnen. Wir liefen auf den 'Mirador' hinauf (ja, alles was irgendwie höher liegt heißt so) und kauften ein paar Andenken (Kaffee, Kaffeearmbänder, Kaffeekekse, mehr Kaffee...).
Außerdem freuten wir uns über die fantastisch ausgestattete Küche des Hostels und kochten endlich mal Abendessen ohne Reis, ohne Kartoffeln und komplett vegetarisch.

Salento.

Lasagne! Nach 10 Monaten endlich wieder!


Der letzte Tag brachte eine abenteuerliche Jeepfahrt mit sich und eine Wanderung, die nicht ins Valle de Cocora führte.
Wir nahmen einen der sogenannten Willys (traditionell für den Kaffee-, heute für den Menschentransport genutzte Jeeps) zum Ausgangspunkt der Wanderroute ins Valle de Cocora (Cocora-Tal). Das Abenteuerliche an dieser Fahrt war, dass wir uns auf das Trittbrett hinten draufstellten. Sehr.. erfrischend und man sieht definitiv mehr von der Umgebung als innen drin.

Wach, motiviert und mit Regenjacken ausgestattet machten wir uns also auf. In der Nacht hatte es unpraktischerweise wie aus Kübeln geschüttet, sodass der Weg sehr schnell sehr matschig wurde. Wir kletterten aber unbeirrt weiter, inzwischen sind wir ja schon einiges gewohnt.
Irgendwann hörten jedoch die konstant da gewesenen Hufspuren (der Touristen schleppenden Pferde) auf. Es wurde immer matschiger. Und wenn ich matschig sage, dann meine ich wirklich. Wirklich. Matschig. So richtig ganzer-Fuß-ist-nicht-mehr-zu-sehen matschig.
Endlich trafen wir auf Menschen. Zwei Männer mit drei Mulis, die gemächlich den Berg herunterritten. Sie eröffneten uns, dass wir auf dem komplett falschen Pfad waren und diesem Weg noch zwei Tage folgen könnten, ohne irgendwo anzukommen.
Gut.
Wir aßen einen Apfel.
Dann begannen wir den Rückweg.
Schlamm bergab, yeah.

Maaatsch.


Endlich wieder unten.

Mystisch nebelumhangene Palmen!

So hatten wir am Ende des Tages wahrscheinlich die härtest mögliche Wanderung gemacht und ganz neue untouristische Gefielde kennengelernt.
Ist doch viel interessanter. Ins Valle de Cocora gehen ja alle.

Noch einmal kippten wir uns abends zwei Liter Kaffee und bearbeiteten das Video weiter, dann ging es am Mittwoch zurück nach Bogotá, wo ich am Busbahnhof mein Handy verlor (oder es mir geklaut wurde), sodass wir bei Dämmerung wieder im heimatlichen Dorf waren.


 ~ Wort des Tages: "Neblina". Niedliches Wort, oder? Man kann schon erraten, was es ist. Nebel.


Hasta luego,