Hola ihr Lieben!
Im kolumbianischen Fernsehen, vor allem
auf dem Kanal Caracol, laufen quasi konsekutiv Nachrichten. Die sind
auch das Einzige, was meine Familie ernsthaft guckt. Und wenn es
eines gibt, das in jeder Nachrichtenmeldung auftaucht, dann ist es
die brandaktuelle kolumbianisch-venezolanische Grenzkrise.
Die kolumbianischen Medien berichten
natürlich etwas einseitig, weshalb ich mir das Thema auch noch von
anderen Quellen (sprich Internet) erläutern lassen habe. Liege ich
damit richtig, dass man in Europa nichts davon hört?
Deshalb hier eine kurze Erklärung,
denn diese Krise bewegt gerade viele Kolumbianer:
Am Freitag ließ der venezolanische
Präsident Nicolás Maduro die Grenze zwischen seinem Land und
Kolumbien schließen (ursprünglich nur bis Sonntag, inzwischen
unbefristet) und in Bezirken des Bundesstaates Táchira den
Ausnahmezustand ausrufen, als Reaktion auf einen Angriff angeblicher
kolumbianischer Schmuggler auf venezolanische Soldaten. Venezuela
habe nämlich schon seit längerem Probleme mit Schmugglern, die
eigentlich für Venezuela bestimmte Lebensmittel und Benzin nach
Kolumbien verfrachten und dort teurer verkaufen.
Ausweisung der Kolumbianer aus Venezuela (Foto: peru.com) |
Im Zuge dieser Grenzschließung werden
nun (wo man schon einmal dabei ist) kolumbianische Bürger ohne
Papiere ausgewiesen. Innerhalb von wenigen Minuten müssen sie ihre
Häuser räumen und rüber nach Kolumbien laufen oder fahren. Das
führt zu interessanten Bildern im hiesigen Fernsehen: Durch Gestrüpp
wankende Kühlschränke, unter denen man ihre Besitzer nur vermuten
kann und Menschen, die ganze Sofas auf Karren hinter sich herziehen
und fette Fernsehgeräte und sogar massive Schränke auf den Schultern durch einen Fluss transportieren. Noch etwas
krasser und von den Medien hier definitiv aufgebauscht: das Markieren
von Häusern kolumbianischer Exbewohner Venezuelas und die darauf folgende Zerstörung dieser Unterkünfte. Die Nachrichten
verlieren sich dann auch mal gerne in Vergleichen mit Deutschland zu Nazizeiten.
Einen schalen Beigeschmack erhält das
Ganze auch durch die Bilder weinender Kinder an der Grenze, die nicht
mehr zurück zu ihren Eltern können.
Jedoch können aus venezolanischer
Sicht Erfolge vermeldet werden: Es wurden bereits 56 Tonnen an
Schmugglerware beschlagnahmt (Stand: 24.8.15) und ein paar Festnahmen von mutmaßlichen
Mitgliedern paramilitärischer Banden gab es auch.
Auffallend ist, dass viele ausreisende Kolumbianer kolumbianische Fußballtrikots oder sonstiges Landbezogenes tragen, um ihren ungebrochenen Nationalstolz zu zeigen.
Auffallend ist, dass viele ausreisende Kolumbianer kolumbianische Fußballtrikots oder sonstiges Landbezogenes tragen, um ihren ungebrochenen Nationalstolz zu zeigen.
Hier ein kleines Video von dem Festival de danzas in Cucaita
So, tut mir leid falls das langweilig
für euch war, aber ich fand es wichtig.
Außerdem wichtig: meine ersten
Schultage!
Am Montag Morgen holte mich Natalia
(kolumbianische Mentorin) um 8am ab und wir liefen die 300m zur
Schule (colegio San Felipe). Gemeinsam mit dem Bürgermeister, den
ich bereits letzten Mittwoch kennengelernt hatte, trafen wir dann auf
den Schulleiter. Bürgermeister und Direktor tauschten Informationen
über meine Bestimmung und nette Willkommensworte aus, danach
verabschiedeten sich alle und der Direktor machte mit mir einen
Rundgang durch die Schule.
Sie ist klein.
Mag ich.
Mit nur um die 300 Schüler_innen.
Nachdem ich mich nun bestens auskannte
(es gibt eine kleine Lehrerküche, wo alle ihren Kaffee - „Tinto“
- schlürfen, ein über dem Schulhof gelegenes Lehrerzimmer und sogar
einen Informatikraum mit Laptops) übergab er mich der Koordinatorin.
Diese hatte jedoch alle Hände voll mit verletzten, kranken,
ungehorsamen oder organisierenden Schülerinnen und Schülern, sodass
ich mich letztendlich am PC der zweiten Koordinatorin wiederfand. Für
zwei Stunden. Konnte ich immerhin nach Herzenslust im Internet
herumsurfen. Gegen 12 schickte mich der Direktor zum Mittagessen nach
Hause. Um 1pm kam ich wieder und jetzt fand endlich ein Treffen mit
den drei Englischlehrern der Schule statt. Wir arbeiteten einen
groben Stundenplan für mich aus, sodass ich in jeder Klasse einmal
pro Woche bin. Danach ging es auch sofort los.
Um 2pm findet immer eine kleine
Freiwilligenklasse statt, für motivierte Schüler_innen, die gerne
ihr Englisch verbessern würden. Sie waren überaus erfreut über
mein Dasein und die Lehrerin gab ihnen viel Freiraum, um mir Fragen
zu stellen. Auf Englisch klappt das noch nicht so gut, aber es
scheint eine coole Truppe zu sein, sehr interessiert auf jeden Fall.
Sie haben sich schließlich sogar vorgestellt, so mit Name, Alter,
Stufe und Hobbies. Auf Englisch.
Am Dienstag ging das im Grunde genommen
so weiter. Ich war in meinen verschiedenen Klassen und ausnahmslos in
allen veranstalteten wir eine Fragestunde. Viel von meinem Englisch
verstehen die estudiantes leider nicht, ihren eingeschüchterten
Gesichtsausdrücken nach zu urteilen.
Kommt noch.
Häufig gestellte Fragen:
- Wie gefällt dir Kolumbien?
- Magst du das Essen in Kolumbien?
- Was esst ihr in Deutschland?
- Wohin bist du schon gereist?
- Welche Sprachen sprichst du?
- Hast du einen Freund?
- Was sind deine Hobbies?
- Was für Musik hört man in Deutschland?
- Wo ist Deutschland überhaupt?
Daraufhin habe ich in zwei Klassen erst
einmal eine voll hübsche und detailgetreue Weltkarte an die Tafel
gemalt und die geografischen Tatsachen geklärt.
Bildungsauftrag: Häckchen.
Und ich bin ja so eine Attraktion.
Sitze ich in der Lehrercafeteria, winkt man mir durchs Fenster zu.
Gehe ich über den Schulhof, schallt mir von irgendwo immer ein
„Hello“ oder „Good Morning“ entgegen. Stehe ich zu lange an
einer Stelle, bildet sich langsam eine Traube von estudiantes um mich
herum. Ist aber ganz süß und wird sich mit der Zeit ja auch geben.
Zwei meiner Schüler brachten mich noch
nach Hause. Sie wussten zu meiner Veblüffung
bereits, wo ich wohne.
Insgesamt macht mir die Arbeit mit den
Schülern und die Kooperation mit den Lehrern ziemlich Spaß, auch
wenn ich meine Erwartungen bezüglich der Englischkenntnisse etwas
herunterschrauben muss.
Übrigens werde ich Montags und jeden
zweiten Freitag in der Primaria unterrichten, der Grundschule also.
Diese liegt etwas außerhalb Cucaitas, ist aber auch zu Fuß super
erreichbar.
~ Wort des Tages: „suavizante“.
Das heißt Weichspüler und ist so unnötig zu wissen, dass man es
sich sofort merkt.
Hasta luego,
Karla
Der Plaza in Villa de Leyva, einem total schönen aber auch sehr turistischen Dörfchen, wo man immerhin als Ausländer weniger angestarrt wird. |
In Villa de Leyva wohnen Hauke und Marla. Die haben Laura und ich letzten Donnerstag besucht. Auf dem Foto: Haukes Gastmum, Hauke, Laura. |
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