Buenas!
Da es noch viel mehr Besonderheiten in
der kolumbianischen Kultur gibt, muss ich dazu einfach noch einen
Post schreiben.
Pyjama
Meinen Nachbarn ist es komplett
piepegal in was für einem Aufzug sie auf die Straße gehen. Am
beliebtesten neben 'normaler' Kleidung oder Ruana ist der
Schlafanzug. Wenn ich mich morgens auf den Weg zur Schule mache,
passiert es öfter, dass eine Nachbarin in Pyjama die Straße kreuzt,
um ihre morgendlichen Einkäufe zu erledigen. Und diese Pyjamas sind
nicht irgendwelche Pyjamas. Nein, die kolumbianische Schlaftracht ist
immer superflauschig und mit Tiermuster. Vorzugsweise mit Kuhflecken.
Bei mir zuhause schliefen während der
Fiestas zwei Polizisten. Soweit normal. Aber seit ich einen der
beiden in seinem Plüschkuhschlafanzug gesehen habe, musste er leider
etwas von seiner Autorität einbüßen.
Namen
So wenig Englisch manche
Kolumbianer*innen auch sprechen mögen, bei der Namensgebung ist ein
ganz eindeutig nordamerikanischer Einschlag zu beobachten. Das
Witzigste für mich ist die Schreibweise, die sich von der
ursprünglichen unterscheidet, um der spanischen Aussprache gerecht
zu werden. Ein paar Beispiele:
Deivid (David)
Brayan (Brian)
Leidy (Lady, obwohl das im Englischen
ja kein Name ist)
German (Hermann)
Deisy (Daisy)
Dayana (Diana)
Estiben (Steven)
Ros Mary (Rosemarie)
Yeison (Jayson)
Esneider (ehm.. Schneider? Deutsch?)
Maickol (Michael)
Ansonsten sehr beliebte Namen sind
Cristian, Sebastian, Daniel, Camilo, Karen, Juan, José.
Insgesamt habe ich das Gefühl, dass
die Auswahl an Namen hier kleiner ist. Gut also, dass jeder zwei Vor-
und zwei Nachnahmen hat. In meiner 10.1 habe ich sage und schreibe
fünf Sebastians.
Wollt ihr auch noch verbreitete
Nachnahmen hören? Das ist schwierig, denn irgendwie sind es immer
dieselben. Ich versuch's mal.
Bolívar
Borda
Firacative (find ich persönlich voll
cool)
García
Pérez
La Rotta (auch einer meiner Favoriten)
Martínez
Álvarez
Echeverría/Chavarría/Cheverría
Contador
Pulído
Castillo
Sierra
Otálora
Und damit kann man schon ein ganzes
Dorf ausstatten.
Mein Geburtstag? Keine Ahnung
Etwas, das ich erst mit der Zeit
herausfand, ist, dass manche Kolumbianer*innen niemandem ihr exaktes
Geburtsdatum verraten werden. Vor allem die Kinder nicht. In einer
Stunde mit der siebten Klasse sollten sie einen Minidialog schreiben,
mit den Fragen 'Wie heißt du?', 'Wie alt bist du?' und 'Wann ist
dein Geburtstag?'. Die Antwort Vieler war etwas wie 'Mein Geburtstag
ist am __ März'. Ich konnte zuerst gar nicht verstehen, warum sie
die Zahl einfach ausließen. Erst später, als ich Daniel nach seinem
Geburtstag fragte, erklärte er mir dieses Phänomen. Sein
Geburtsdatum wissen nämlich auch nur seine Eltern. Er präferiert
es, das Datum geheim zu halten, da es wohl ein beliebter Brauch ist,
das Geburtstagskind an dem Tag mit allem Möglichen einzuseifen.
Sprich, Eier, Mehl, Torte, was gerade da ist. Da ist Geheimhaltung
eine relativ einfache Art, dies zu umgehen.
Der 15. Geburtstag
Um die Verwirrung komplett zu machen,
wird jedoch der 15. Geburtstag eines jeden Mädchens riesig gefeiert.
Weil sie dann als Frau gilt. Und wenn ich riesig schreibe, dann reden
wir von dem Aufwand und Tamtam einer Hochzeitsfeier. Das Mädchen
(genannt „Quinceñera“) bekommt ein Kleid wie zu einer noblen
nordamerikanischen Prom (bodenlang und mit Reifrock),
mietet sich einen Saal und feiert darin mit allen Freunden,
Familienmitgliedern und Bekannten. Es gibt einen dreistöckigen
Kuchen und im besten Falle hat das Geburtstagskind fünfzehn „Damas“
und ebenso viele „Caballeros“ an ihrer Seite. Das sind fünfzehn
Freundinnen und fünfzehn Freunde, die sich alle das gleiche anziehen
(wie Brautjungfern) und mit denen die „Quinceañera“ jeweils
einen Tanz bestreiten muss (also mit den Jungs).
Ich hatte das Glück, vor ein paar
Wochen selbst einer solche Feier beiwohnen zu dürfen. Mireya, eine
Neuntklässlerin, hatte Laura und mich eingeladen.
Auf der Einladung stand „5pm Messe“,
also waren Laura und ich um zehn vor fünf an der
angegebenen Kapelle
in Samacá (Nachbardorf). Sonst war da aber keiner. Wir waren etwas
verwirrt, warteten aber geduldig und genossen Sonne und Ausblick.
Fünf Minuten nach fünf trudelten
Mireya und ihre Eltern ein, wir setzten uns in die Kirche und hielten
mit ca. 30 Personen die kurze Messe ab. Danach ging es zum Saal und
nun hieß es warten. Zwei Stunden lang. Bis endlich die restlichen
messefaulen Gäste eintrafen und es losgehen konnte.
Die fünfzehn Caballeros wurden in
einer Schlange den Damas gegenübergestellt, sodass sie einen Gang
bildeten. Das alles nach Größe geordnet, sodass ich als größte
ganz am Anfang stand.
Bis zu diesem Punkt war die Quinceñera
in legerem Jeanskleid herumgelaufen und wir hatten uns etwas
overdressed gefühlt. Damit machte Mireya durch ihren Auftritt
Schluss. In einem 'Traum' aus hellblauen Tüll schritt sie (etwas
eingeschüchtert) durch den menschlichen Gang. Sie wurde beklatscht,
und dann ging die Prozedur des mit-15-Typen-Walzer-Tanzens los.
Das geht so:
Der mir gegenüberstehende Typ lässt
mich stehen, gibt Mireya eine Rose und tanzt ein bisschen (einfachen
Wiegewalzer) mit ihr. Dann übergibt er sie an den nächsten
Caballero in der Reihe, der ihr ebenfalls eine Rose gibt und mit ihr
tanzt, und tanzt den Rest der Zeit mit seiner ursprünglichen
Partnerin, mir. Das geht so weiter, bis die Quinceñera mit allen 15
getanzt hat und 15 Rosen in der Hand hält. Fand ich sehr
ausgeklügelt und interessant.
Alle fünf Minuten forderte der DJ uns
außerdem zum für-Mireya-Klatschen auf.
Anschließend stieß man auf das
Geburtstagskind an und es gab kleine Reden, während die Quinceñera
selbst etwas verloren und sichtlich berührt in ihrem Thron am Kopf
des Saales saß.
Endlich gab es Essen. Wir waren am
Verhungern. Natürlich bestand es zum größten Teil aus Fleisch,
weshalb mir ein Salat versprochen wurde (Wie immer. Weil
Vegetarier*innen ja nichts anderes essen können). Dieser kam leider
nie, jemand anderes hatte ihn aufgegessen.
Nachdem sich alle außer Karla gestärkt hatten, ging die eigentliche Feier los. Mireya wandelte ihr Kleid zu einem Cocktailkleid um (einfach Reifrock abnehmen, sehr praktisch) und es wurde getanzt. Um Mitternacht schnitt man die fünf weiß-hellblauen Kuchen an (muss ja zum Kleid passen), aß sie auf und tanzte dann weiter. Gegen zwei Uhr ließen Laura und ich uns von einem befreundeten Taxifahrer abholen, der Rest blieb aber noch bedeutend länger.
Die Quinceñera. |
Karla und Laura mit quinceñera. |
Fünf Kuchen und eine Geschenkebox. |
Nachdem sich alle außer Karla gestärkt hatten, ging die eigentliche Feier los. Mireya wandelte ihr Kleid zu einem Cocktailkleid um (einfach Reifrock abnehmen, sehr praktisch) und es wurde getanzt. Um Mitternacht schnitt man die fünf weiß-hellblauen Kuchen an (muss ja zum Kleid passen), aß sie auf und tanzte dann weiter. Gegen zwei Uhr ließen Laura und ich uns von einem befreundeten Taxifahrer abholen, der Rest blieb aber noch bedeutend länger.
Fazit: Eine sehr interessante Erfahrung
und gute Feier mit lustigen Leuten (meinen Neuntklässler*innen).
Allerdings wird wirklich viel Geld für dieses Event ausgegeben. Ich
stehe also voll hinter den paar Kolumbianerinnen, die sich statt
einer solchen Feier eine Reise zum 15. wünschen.
~ Wort des Tages: „damnificado“.
Diesmal nichts Witziges. Ein damnificado ist ein*e Geschädigte*r in
einer (Natur-) Katastrophe, wie gerade in Ecuador aktuell.
Hasta luego,