Buenos días!
Es sind Ferien und eigentlich habe ich
gar keine Zeit zum Blogschreiben, aber ab morgen bin ich im Urlaub,
also muss ich vorher einfach noch berichten, was alles so passiert
ist.
In aller Freundschaft
Am vorletzten Freitag begab ich mich
wie gewohnt gegen 9am in die Grundschule, bereit, mich der Fünften,
Nullten und Dritten zu stellen. Musste ich zu meiner Begeisterung
jedoch nicht.
Am vorhergegangenen Wochenende war
nämlich der 'día de amor y amistad', also der Tag der Liebe und
Freundschaft. Und wenn man schon einmal so einen Tag hat, dann feiert
man den auch gebürend. Wenn auch eine Woche später.
Es gab zwei Tanzaufführungen, ein
kleines Theaterstück zum Thema Freundschaft und
unausweichlicherweise eine Rede des Direktors. Außerdem wurden
bestimmt eine Viertelstunde lang Hymnen gesungen. Die Kolumbianer
stehen auf Hymnen. Es gibt ja auch für alles und jeden eine.
Begonnen wurde mit der Nationalhymne. Easy. Es folgte die Hymne des
departamentos (quasi Bundesland) Boyacá.
'Hat NRW eine Hymne?', drängte sich
mir die Frage auf. Diese war schnell vergessen, denn nun stimmte man
die Hymne Cucaitas an. Cucaitas! Das ist ein 2000-Seelen-Dorf! Man
stelle sich vor, mein Dorf Hersel hätte eine Hymne. Witzig. Nun
konnte mich nichts mehr umhauen, also hängten die Schüler_innen
gleich noch die Schulhymne dran.
Nach dieser Veranstaltung, an deren
Ende an alle (inklusive Lehrerinnen und Direktor) Lutscher verteilt
wurden, fanden sich alle Lehrerinnen und Karla im Lehrerzimmer ein
und aßen zusammen Suppe, die eine Kollegin mitgebracht hatte. Naja
gut, für mich gab's einen super Obstsalat, da die Suppe
selbstverständlich Hühnchen beinhaltete. Das war ein sehr nettes
Beisammensein. Ich wurde fleißig über mein Vegetariersein
ausgefragt. Das ist wahrscheinlich das Exotischste an mir hier.
Darauf folgen zehn Minuten
Tierpantomime mit den Fünftklässlern und ein bisschen Unterhalten
mit selbigen, während zwei Zahnärztinnen Zahnputzzubehör
verteilten.
Auf dem Weg über den Schulhof, zurück
in mein ruhiges Zuhause, bestürmte mich eine Gruppe Drittklässler
(?) und bestand darauf, mir einen Haufen Süßigkeiten zu schenken.
Die Tänzer_innen trugen sogar eigens dafür angefertigte Kostüme! |
Anerkennung für besondere Leistungen |
Hot 'n cold
Kurz etwas über Kolumbianer
beschäftigende Nachrichten. Es gibt momentan eine Meeenge (Wald-)
Brände, Dürre und kein Wasser. Es ist einfach in den meisten Teilen
Kolumbiens gerade sehr trocken (also hier hat es seit ich angekommen
bin geschätzt drei Mal geregnet), das ist normal. Die Brände seien
auch normal. Nur das Fehlen des Wassers kann eigentlich nicht sein,
denn wie ich vorgestern gelernt habe, ist Kolumbien das sechst
wasserreichste Land der Erde (Nummer eins ist Brasilien, Deutschland
wird gar nicht erst erwähnt). Dieses Wasserproblem sei allein auf
eine miese Politik und Korruption zurückzuführen, sagte man mir.
In anderen Teilen allerdings werden
Städte überflutet und im Fernsehen sieht man weggespült werdende
Autos und Busse. Sehr sarkastisch.
Berufsmesse auf Basketballfeld
Vor einer Woche, am Montag, fand in der
Secundaria die dritte 'feria regional emprenderista' statt, etwas,
das ich als eine Art Berufsmesse verstanden hatte. Stellte sich
heraus, dass eigentlich nur (sehr süßes) Essen verkauft wurde. Was
sagt uns das über die berufliche Zukunft meiner Schüler_innen?
Die Messe wurde von den 10. und 11.
Klassen meine Schule San Felipe organisiert (Zwölfte gibt’s
nicht), an den Ständen fanden sich zusätzlich noch Kollegen drei
verschiedener benachbarten Schulen. Was mir positiv auffiel, waren
einmal die Abtrennungen der Stände. Sie bestanden nämlich aus
Plastikflaschen. Außerdem gab es einen sehr interessanten Stand, der
'upcycelte' Gegenstände aus Autoreifen verkaufte. Nicht so gut
gefielen mir persönlich die 'Tierstände', an denen man lebende
Hühnerküken, Meerschweinchen und Kaninchen (zum späteren Verzehr)
erstehen konnte.
Oben links ein Gewächshaus aus Plastikflaschen! |
Wochenende
Am Freitag fand mal wieder ein Treffen
mit Koordinatoren, Mitfreiwilligen und zwei ehemaligen Freiwilligen
in Tunja statt. Um 5pm. Ungünstig, da die letzten Busse nach Cucaita
um 7pm abfahren und man die laut meiner Familie an einem Freitag
Abend auch lieber meiden sollte (wegen alkoholisierter Mitmenschen).
Also quartierte ich mich bei Edward, meinem Kollegen ein und wir
gingen zusammen gefüllte Arepas essen (ich würde sie schon fast als
die kolumbianischen Döner bezeichnen) und danach mit seinen Freunden
feiern. So langsam lerne ich auch, die verschiedenen Musikstile zu
unterscheiden (also so Salsa, Vallenato, Bachata, Reggeaton...).
Am nächsten Tag fuhren wir mit seiner
Mutter und seinem Bruder Daniel nach Duitama, wo wir alle etwas
geschafft im Haus herumhingen und ein paar nortamerikanische Serien
suchteten. Am Abend ging es mit zwei Freunden Edwards in das nächste
Städtchen Tibasossa. Total hübsch! Wir verbrachten einige Stunden
in einem Restaurant mit tollem Ausblick, ich brachte allen 'Ich
heiße' bei und erklärte die schwierigen drei Artikel der deutschen
Sprache. Auf Spanisch, nicht einfach.
Das Rathaus Tibasossas mit allen Bürgermeisterinnen und den zwei Bürgermeistern, die jemals dort im Amt waren. Das Besondere ist nämlich, dass es eben fast nur Frauen waren und sind. |
Mit den Bürgermeisterinnen. Ich bin mir der (be-) rauschenden Qualität bewusst. |
Mit super Ausblick vom Restaurant. |
Neue Klänge
Seit Donnerstag habe ich eine Geige! In
Villa de Leyva, wo Marla und Hauke wohnen, gibt es eine Musikschule,
die mir einfach eine Violine mitgegeben hat. Unter der Bedingung,
dass ich mindestens ein- bis zweimal im Monat am Unterricht
teilnehme. Dieser ist kostenlos. Die Geige auch. Da könnte sich
Deutschland eine Scheibe von abschneiden! Einzig die Anfahrt ist mir
etwas zu zeit- und kostspielig, also werde ich meine Teilnahme an
Unterricht und Streichorchester auf ein Minimum begrenzen und lieber
zuhause meine Familie mit dem Geigenspiel erfreuen.
Wie schon erwähnt geht es morgen los,
das Land erkunden. Zusammen mit fünf der anderen Freiwilligen werde
ich zwei Tage in San Gil und zwei Tage in Bucaramanga (nord-östlich
von hier aus) verbringen. Diese Orte sind für Schönheit, Wärme und
Extremsport bekannt. Davon werdet ihr natürlich hören.
~ Wort des Tages: „chistoso“. Das
heißt witzig und man hört es dauernd. Da ich seit dem Kennenlernen
der Känguruchroniken eine Tendenz dazu entwickelt habe, übermäßig
Vieles mit 'witzig' oder 'nicht witzig' zu kommentieren, kommt mir
dieses spanische Wort sehr gelegen.
Hasta luego,
Karla
Ausblick auf die Terrasse, mit Mercy. So heißt unsere Hündin jetzt nämlich. Schwer zu erraten, wessen Vorschlag der Name war. |
Ganz normaler Anblick auf einem Spaziergang durchs Dorf. |
Mit Milena und Yuly (letztere Nachhilfeschülerin, erstere ihre Schwester) |
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