Freitag, 4. September 2015

Gott und Geisterfahrer

Buenos días,

Gott
Vorletztes Wochenende fuhr die gesamte Familie in die 1,5h entfernte Stadt Chiquinquirá. Und wenn ich 'die gesamte Familie' sage, dann meine ich damit, dass wir uns zu fünft auf die Rückbank unseres nur durchschnittlich geräumigen Mazdas kuschelten.
Chiquinquirá gilt als das religiöse Zentrum Kolumbiens. Das wusste ich nicht, darum wunderte ich mich anfangs etwas über die Massen an Gebetskettchen, Maria-Schlüsselanhängern, Maria-Statuen, Maria-Bilchen und Maria-Seifen, die an jeder Straßenecke und auch dazwischen angeboten wurden.
Selbstverständlich guckten wir uns zuallererst die größte katholische Kathedrale Kolumbiens an. Es war recht voll, aber man konnte gut einen Eindruck von der immensen Größe der Kirche und dem Wert des goldenen Altars bekommen.
Außerdem gibt es für religiös interessierte Menschen noch den 'pozo de la virgen', also einen Brunnen der Jungfrau Maria. Den fand ich schick, vor allem den unterirdischen Gang dorthin und den Fakt, dass sie dort eine Instrumentalversion von 'My heart will go on' laufen ließen.
Um den Brunnen selbst stand mir zu viel Security herum, da habe ich das Fotografieren lieber sein lassen.

Ein richtig cooles Haus am Platz vor der Kathedrale
Bruder, Mutter, Bruder, Schwägerin, Nichte in Chiquinquirá
Der Tunnel zum pozo de la virgen

Außer religiösem Sightseeing kann man in Chiquinquirá anscheinend gut LKW, camiones, kaufen. Meine Gastbrüder verbrachten bestimmt eine Stunde mit dem Besichtigen einiger dieser truckähnlichen Vehikel, mit denen man von Vieh über Menschen und Essen alles Denkbare transportieren kann. Wir fuhren letztendlich aber nur im Mazda wieder zurück.


Ach ja, das Autofahren.

Wie gesagt ist es überhaupt kein Problem, die maximale Passagieranzahl von fünf Personen flexibel auszuweiten. Des Weiteren ist es auch überhaupt kein Problem, die Anschnallgurte nur alle paar Jubeljahre zu benutzten.
Die Fahrweise einiger Kolumbianer lässt sich in drei Worten beschreiben: hupen und hoffen. Also hupen und sich dazwischenquetschen, wo eigentlich kein Platz ist, aber auf mysteriöse Art und Weise doch welcher geschaffen wird. Hupen und jegliche Vorfahrtsregeln missachtend über die Kreuzung brettern. Hupen und darauf setzen, dass die Fußgänger/Hunde/Kühe doch nicht über die Straße laufen werden. Auch gewagte Überholmanöver oder generell Ausweichen auf die Gegenspur sind an der Tagesordnung, wobei letzteres den zahlreichen Schlaglöchern geschuldet ist.
Man gewöhnt sich jedoch überraschend schnell an die etwas andere Auffassung der Straßenverkehrsordnung, da sie hier einfach funktioniert.

Colegio y escuela
Letzten Samstag fand in der Schule ausnahmsweise Unterricht statt, als Ausgleich für ausgefallene Schultage. Allerdings nur für drei Stunden, danach stand Sport auf dem Plan (Teams der einzelnen Klassen gegeneinander). Das habe ich mir natürlich nicht entgehen lassen und schleuste mich schnell in das Volleyballteam der Klasse 11.2 ein. Um die Frage vorweg zu nehmen: Ja, das Netz hängt tiefer als in Deutschland. Aber vielleicht ist das auch eine Besonderheit meiner Schule.
Ansonsten wurde noch Basketball, Fußball und Tischtennis gespielt, für die nicht so Sportbegeisterten waren Schach und Mensch-ärgere-dich-nicht im Angebot.

Colegio San Felipe mit all seinen 360 Schülerx

Am Montag war ich das erste Mal in der Primaria, das bedeutet Klassen von Stufe 0 bis 5. Die Lehrerinnen dort waren bestens vorbereitet, mein gesamter Stundenplan stand bereits. Ich startete also in der Fünften, sang dann mit zwei dritten Klassen das Lied „Head, shoulders, knees and toes“ (bestimmt zehn Mal, fanden die klasse), verzweifelte an der Lebhaftigkeit der Erstklässler, sprach in der Zweiten Berufe vor und brachte den sympathischen Viertklässlern Personalpronomen bei.
Das Problem in der Primaria: die Lehrerinnen sind zwar alle super nett und witzig drauf, erwarten aber, dass ich den gesamten Unterricht alleine schmeiße. Für den ersten Tag war das ungünstig, da ich natürlich nicht vorbereitet war und spontan etwas aus dem Hut zaubern musste. Fand ich etwas stressig. Aber für die folgenden Stunden weiß ich jetzt ja Bescheid, dann wird das bestimmt ganz gut laufen. Ein Vokabelmemorie ist zum Beispiel bereits fertiggestellt.

~ Wort des Tages: „chévere“. Das heißt so etwas wie fröhlich und hört sich immer anders an als es geschrieben wird. Vor allem meine Kolleginnen und Schülerinnen benutzen es ständig. Außerdem beschreibt es, wie ich mich hier in Kolumbien fühle. UPDATE: Man könnte es als das kolumbianische 'cool' beschreiben.

Hasta luego,
Karla


Julian macht gerade eine Ausbildung zum Pastor, deswegen steht ihm als einziger in Cucaita ein Keyboard zur Verfügung. Das konnten wir (Laura und ich) uns natürlich nicht entgehen lassen.

Seit ein paar Tagen haben wie eine Babyhündin! Einfach so, ohne Vorwarnung.

3 Kommentare:

  1. Liebe Karla,
    erst heute habe ich mir die bisherigen blogs mal in aller Ruhe durchgelesen. Ich muss sagen: sehr informativ und dabei sehr locker und häufig sehr witzig geschrieben. Offenbar hatten wir alle doch vorher ein sehr undeutliches Bild von Kolumbien. Und: die scheinst ja mit den Schülern schon richtig profimäßig umzugehen. Weiter so und eventuell bis bald mal beim Skypen !
    Astrid

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Ich freue mich immer ueber Kommentare.