Freitag, 31. August 2018

Wichtige Blumen

Die Einführungswoche ist in vollem Gange. Jeden Tag ziehen um die 200 Erasmus-Studierende durch die Rigaer Altstadt und vernichten fleißig Bier.
Jetzt gerade sitze ich allerdings zuhause und muss untätig zusehen, wie der Uhrzeiger auf Punkt zehn Uhr vorrückt. Um zehn Uhr hatte ich einen Termin mit meiner Koordinatorin. Diesen werde ich nicht wahrnehmen können. Warum? Nun, unsere Wohnung hat zwei Eingangstüren genau hintereinander. Die innere lässt sich ohne Probleme öffnen. Die äußere mit viel Geduld, Einfühlungsvermögen, Kraft, Telekinese und mindestens zwei Sams-Wunschpunkten. Meine Mitbewohnerinnen waren arbeiten gegangen und hatten genau diese Tür abgeschlossen. Und genau heute sollte der Tag sein, an dem das Schloss komplett den Geist aufgibt. Wir sitzen jetzt zu zweit in der WG fest, wenn es schlecht läuft bis heute Abend, wenn eines der Mädels zurückkommt.

"Die Tür" mit Bonuskatze.


Dann kann ich euch genauso gut etwas mehr über die letzten fünf Tage und weitere Entdeckungen in Riga erzählen.


  • Überall Deutsche. An meiner Uni sind grundsätzlich zwei ausländische Nationalitäten vertreten: deutsch und französisch. Die restlichen 2% (grober Schätzwert) kommen aus Portugal, Georgien und der Türkei. Na gut, und einen Österreicher haben wir auch noch.
  • Rigas Altstadt ist wirklich schön! Gestern veranstaltete meine Uni eine kleine Schnitzeljagd, bei der wir die coolsten Bars, prunkvollsten Kirchen und den besten Straßenopernsänger kennenlernten.
  • Blumen sind wichtig. An vielen Straßenecken stehen kleine Stände - immer mehrere auf einmal - mit Schnittblumen und geschmackvoll zusammengestellten Blumensträußen. Es laufen auch auffallend viele Menschen mit Blumen in der Hand durch die Straßen. Meine Mitbewohnerin erzählt mir gerade, dass es schon fast Etikette ist, überall hin Blumen mitzubringen. Am Dienstag lief ich gegen zwei Uhr nachts mit ein paar Leuten nach Hause. Alle Bars machten bereits zu, Restaurants waren längst geschlossen. Aber nicht die Blumenläden, nein! Erstaunt schlenderten wir an den hell beleuchteten Pflanzen vorbei, hinter denen sich jeweils eine müde blinzelnde, in Decken gehüllte Verkäuferin verbarg. Kauft wirklich jemand um die Uhrzeit Blumen? Rentieren sich diese Öffnungszeiten? Oder gibt es einen anderen Grund, warum diese Frauen die Nacht lieber zwischen Blumen als schlafend verbringen?
    Ich werde versuchen, es herauszufinden.
Blumenläden um zwei Uhr nachts.
  • Ampeln. Manchmal gibt es gar keine Fußgängerampel, dann muss man sich an der für Autofahrer orientieren. Manchmal sind sie wie in Deutschland, nur ohne Knopf zum Drücken. Aber meine Lieblingsampeln sind jene, welche für alle Fußgänger auf allen vier Seiten der Kreuzung gleichzeitig grün werden. Das muss toll aussehen, aus der Vogelperspektive. Alles strömt kreuz und quer über die Straße, eingegrenzt von stehenden Autos.
  • Fahrradfahren in Riga ist ein Abenteuer für sich. Seit vorgestern bin ich stolze Besitzerin eines Eingangrads und muss feststellen: Die wenigsten Straßen sind mit einem Fahrradweg ausgestattet und die meisten Radfahrer nehmen einfach den Fußweg.
  • Wo wir schon bei Verkehrsmitteln sind: Busse. Sie sind wie Straßenbahnen abhängig von der Stromversorgung von oben. Jeder dieser kleinen Busse besitzt zwei ausklappbare, bewegliche "Fühler", welche an dem Stromkabel oben entlangfahren. Sie sehen aus wie fleißige Insekten.

~ Wort des Tages: "alus". Das Bier. Es ist hier wirklich nicht schlecht, aber auch nicht so billig, wie erhofft. 

Karla


UPDATE: Um halb zwölf (mittags) kam eine meiner Mitbewohnerinnen nach Hause und befreite uns. Puh!

Samstag, 25. August 2018

Erste Stunden in Lettland

Karla ist nach Riga gezogen. Heute.
Sie ist seit heute morgen um vier wach, mit Taxi, Zug, Flugzeug und wieder Taxi gereist und anschließend 10.000 Schritte quer durch Riga gelaufen. War ein guter Tag.

Seit heute wohne ich also mit drei Lettinnen, einer Kasachin und einer weiblichen Katze namens Batman zusammen - alle machen bisher einen sehr sympathischen Eindruck. Natürlich musste ich erst einmal einkaufen gehen, um dem drohenden Hungertod zu entwischen, doch das stellte sich als gar nicht so einfach heraus. 
Milch. Es gibt so viel verschiedene Milch! Verwirrt stand ich vor dem Kühlregal. Lettisch müsste man können. Letztendlich nahm ich die Packung, auf der ich "EKOLOĢISKAIS" entziffern konnte. Bio also. Bio ist bestimmt gut. 
Wasser. Wie sollte ich herausfinden, welches Wasser das stille ist? Ohne Lettischkenntnisse: stumpfes Schütteln.
Bezahlen. Karla dachte sich, sie sei schlau und müsse nicht mit Menschen kommunizieren, wenn sie die Selbstbedienungskasse wählt. Das Gegenteil ist natürlich der Fall. Denn der Computer befielt eben auch nur auf Lettisch. Letztendlich bekam ich aber meine Lebensmittel und marschierte stolz in mein neues Zuhause zurück.


Unsere Küche inklusive Batman.

Eine Frage habe ich zu dieser Küche allerdings: Wie halten all die Sachen auf diesem um mindestens 15% geneigten Brett?!



~ Wort des Tages: "negāzēts". Es bedeutet still, im Sinne von stilles Wasser. Nächstes Mal bin ich für den Supermarkt vorbereitet.

Karla