Freitag, 6. November 2015

Tanzen und wählen gehen

Buenas!

In diesem Beitrag berichte ich nur von einzelnen Ereignissen, da sich ansonsten der Alltag eingependelt hat und normalerweise in der Woche nichts 'Besonderes' passiert. Ich gehe eben zur Schule und gebe nachmittags fast täglich Englischnachhilfe.
Meine Schüler fangen nun an, mir Komplimente für mein Spanisch zu machen. Ich scheine mich also verbessert zu haben. Wenn die Themen nicht total außerirdisch sind, kann ich auch wirklich gesprächstechnisch annehmbar mithalten. Nur das doppelte 'r', daran arbeite ich noch. „Perro. Borracho. Horripilante“, hört man mich manchmal mit Yuly üben.

Farbflash
Vorletzten Sonntag machte ich mich in aller Frühe auf, das kleine Dorf Ráquira kennenzulernen. Dort traf ich mich mit Marla und mich fast der Schlag, da dieser Ort einfach umwerfend bunt ist. Alle Häuser sind in unterschiedlichen Farben gestrichen und dazu kommen die natürlich ebenfalls sehr farbenfrohen Artikel, welche die wie kleine Schulkinder aufgereihten Läden verkaufen. Da gibt es Ruanas (Ponchos), Ohrringe, handgefertigte Tonarbeiten, Windspiele und ganz tolle Hängematten.
Auch der kleine Markt brachte keine Pause für die farbgeflashten Augen.

Ráquira - bunt bis zum Gehtnichtmehr.
Fettes Tonhandarbeitslager.
Auf dem Markt - das sind alles Kartoffeln!

Teambildungsmaßnahmen
Von unseren Koordinatoren Natalia und Martin initiiert, veranstalteten wir Freiwilligen am Freitag im Zuge des Kindertags ein paar besondere Stunden für die 101 Schüler_innen der Grundschule einer Mitfreiwilligen. Es wurden verschiedene Spiele an Stationen angeboten, danach ein Mittagessen gereicht (bestehend aus Nudelsalat, Würstchen, Eistee und zum Nachtisch Brownie mit Eis) und alles fotografisch festgehalten.
Ich war in der Essensgruppe. Die Zubereitung und vor allem das Ausgeben des Mahlzeit an alle Kinder gleichzeitig erwiesen sich als sehr stressig aber definitiv teamfördernd.
Da es der Tag vor Halloween war, kamen alle Kinder (teils sehr kreativ) verkleidet in die Schule. Als Deutsche erschien es einem eher wie Karneval – überall Prinzessinnen und Superhelden, fast keine Hexen oder Vampire. Natürlich kamen auch wir Freiwilligen in Kostüm.
Nach diesem Tag war die frisch gestrichene Wand der Schule wieder ruiniert und ich davon überzeugt, niemals in einer Großküche arbeiten zu wollen. Dort wird einem nämlich vom Anblick all des Essens (zwei Megapackungen Mayonnaise...) ein kleines bisschen schlecht. Und die Demolierung der Wand erreichten wir durch kreative Handabdrücke auf ein Erinnerungslaken für die Schule. Das färbte nämlich ab.

Anfängliche Erklärungen.
Karneval lässt grüßen.
Station 'Basteln'.
Fleißig Hüte falten.
 ©Pauline

                                       Das teuflische Team Cucaita!                    ©Pauline
©Pauline


Kochen für die Kinderhorden.
Das war am Ende noch übrig.

Der frisch gestrichene Raum.


Das fertige Plakat. Karla ganz links.
Die ganze Truppe nach diesem anstrengenden Tag. Obligatorischerweise mit Hund.

 Wahlwahnsinn
Am Sonntag, dem 25.10.15 fanden in Kolumbien die regionalen Wahlen statt. Dafür wurde im Voraus natürlich exzessiv Wahlkampf betrieben – überall Plakate, mal saßen Kandidaten mittags bei uns am Essenstisch und vor allem fuhren nervige Autos mit Lautsprechern auf dem Dach herum. Und wenn ich sage überall Plakate, dann reden wir von verzierten Steinen am Wegesrand, Plakaten in jedem zweiten Fenster und auf Tore, Mauern, Häuser und Schafställe aufgepinselten Namen. Auch meine Mutter hatte sich für den Rat aufstellen lassen.
Eines Sonntag Abends fand eine interessante politische Veranstaltung statt. Das halbe Dorf versammelte sich auf einem Platz. Es gab eine Bühne, wo eine Band spielte. Es gab Freibier für alle. Es wurde getanzt. Zwischendurch hielten alle vier Bürgermeisterkandidaten je eine Rede. Dann wurde die Musik wieder aufgedreht und weitergetanzt.
So ist die Politik hier.
An besagtem Sonntag der Wahlen konnte man vor lauter Menschen in Cucaita fast keine Baustelle mehr sehen (hier wird gerade überall gebaut). Aus allen umliegenden 'Veredas' hatte man sie herangekarrt (also die Menschen, nicht die Baustellen). Teilweise organisierten die Kandidaten selbst diesen Transport. Da war es dann natürlich klar, wen die Leute wählen würden.
Der Menschenmenge entsprechend viele Polizisten und Soldaten hatten in den vorangegangenen Tagen den Weg in die Metropole Cucaita gefunden. Wirklich übertrieben viele. Aber das hat anscheinend alles seinen Grund, es gebe nämlich ziemlich sicher immer Streitigkeiten rund um die Wahlen.
Der Wahlvorgang selber fand in meiner sehr gut bewachten Schule statt. Laura und ich wurden als 'Ehrengäste' hereingelassen, um das kolumbianische System zu bewundern. Nicht krass anders als in Deutschland, musste ich etwas enttäuscht feststellen. Es gab ca. zehn mit großen Pappkartons beschilderte und abgeschirmte Stationen, zu denen man je nach Wohnort und Geschlecht hingeht und sein Kreuz machte. Allerdings musste man sich dafür die Nummer seines Kandidaten merken, da es keine Namen auf den Stimmzettel geschafft haben.
Die Wahlbeteiligung hier war umwerfend hoch – 84%, wenn ich mir die Zahl richtig gemerkt habe.
Meine Mutter und auch der Kandidat meiner Familie verloren, was die Stimmung an diesem Abend etwas drückte. Wir kriegen jetzt einen 28-jährigen Bürgermeister.




Eines Mittwochs versammelten sich alle Schüler_innen auf dem Schulhof und tanzten zwei Stunden lang. Weil es gesund ist. In Deutschland würde a) keiner auf so eine Idee kommen und b) auch keiner mitmachen.
Gut, selbst hier machte leider nur die Hälfte der Schüler_innen mit, diese jedoch sehr enthusiastisch und kontinuierlich, der brennenden Sonne zum Trotz. Habe das Event für euch gefilmt:





Neue neugierige-Schüler-Fragen:

  • Wie ist dein Nachnahme? (…) Wie bitte?
  • Wie heißen deine Eltern?
  • Gehst du öfters laufen?
  • Vermisst du deine Familie nicht total?
  • Über Weihnachten fliegst du bestimmt nach Hause, oder?
  • Wenn man evangelisch ist glaubt man also an keinen Gott?

~ Wort des Tages: 'Pitufo'. Das ist das spanische Wort für Schlumpf, und ich lernte es kennen, als ich einen meiner Nachhilfeschüler nach dem Namen seines Hundes fragte.

Hasta luego,
Karla

Kleine gelbe Männchen, die auf Strommasten herumklettern, gehören einfach dazu.

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